Reise nach Moldawien vom 11. bis 18. November 2022
Guter Zuversicht standen wir (Jakob P., Peter L., Andreas P.) in der Warteschlange in Polen Richtung ukrainische Grenze. Es war 19:00 Uhr abends, 15 Stunden Autofahrt lagen bereits hinter uns. Wir hofften, dass es schnell gehen würde, sodass wir noch vor der Ausgangssperre am ersten Ziel, Wolodymir Wolynski, sein würden. Als wir nach ca. 2 Stunden auf der ukrainischen Seite die Pässe am Schalter einreichten, schien es beinahe, als würde es gelingen.
Plötzlich wurde der Besitzer eines der Pässe an den Schalter gebeten. Es war Jakob P.. Wir waren auf ein wenig Aufenthalt eingestellt, da sich auch ein russisches Visum in seinem Pass befand. Das war aber erklärbar. Ein Grenzbeamter bat ihn mitzukommen, und sie verschwanden in einem der Grenzgebäude. Unsere Geduld wurde auf die Probe gestellt. Wir schauten auf die dahinfließende Zeit, die Sperrstunde rückte immer näher. Gegen Mitternacht war dann klar: Wir müssen zurück. Einreiseverbot. War der Weg umsonst? Lohnt es sich von hier aus nach Moldawien weiterzureisen?
2:00 Uhr nachts, wieder auf polnischem Boden, war der Entschluss gefasst: wir umfahren die Ukraine Richtung Moldawien. Ca. 21 Stunden Autofahrt ohne Autobahnen.
Gott hat uns bewahrt, um 1:00 Uhr morgens saßen wir beim gute Nacht Tee in Chisenau, Moldawien.
Nach einer kurzen Nacht besuchten wir die Gemeinde in Orgeew. In der Regel findet hier der Gottesdienst auf Moldawisch statt. Die meisten Kinder verstehen wenig russisch. Wir predigten in Russisch, der Hauptbibeltext wurde auf Moldawisch gelesen, und im Nachhinein wurde die Predigt kurz in Moldawisch zusammengefasst. Wir waren zum Mittagessen eingeladen, und mir fiel auf, dass in dem Wohnhaus wohl wenig geheizt wurde. Die Küche schien aktuell der wärmste Raum im Haus zu sein. Im Laufe des Gesprächs am Tisch wurde deutlich, dass die Beschaffung von Brennmaterial aktuell ein großes Problem für viele Familien und Gemeinden ist. Gas ist sehr teuer geworden (Preisanstieg 2022 über 500%), und auch Brennholz ist teuer und nur unter schwierigen Bedingungen zu bekommen.
Im Laufe der Besuche trafen wir des Öfteren kühle Wohnhäuser und Bethäuser an.
Abends besuchten wir den Gottesdienst im Dorf Larga. Nach dem Gottesdienst fuhren wir kurz zu einer Schwester, die uns als Witwe vorgestellt wurde. Sie heiratete vor einigen Jahren einen Mann, der nicht an Gott glaubte. Ihr gemeinsamer Sohn ist jetzt ca. 7 Jahre alt. Man konnte nicht genau sagen, was mit ihrem Mann ist. Fakt ist, sie ist alleinerziehend. Mit ihr im Haus wohnen zwei Nichten (ca. 10 und 12 Jahre alt), deren Mutter sich das Leben genommen hat, und deren Vater sich von ihnen abgewandt hat. Die Eltern der „Witwe“ leben auch getrennt voneinander, die Mutter Alkoholikerin, der Vater geistig leicht behindert. Ihr hilft der auch leicht geistig behinderte Bruder bei schwereren Arbeiten rund ums Haus, in dem sie wohnt. In diesem Haus wurde ein Ofen errichtet, der von der Küche aus bestückt wird und auch über eine Kochplatte verfügt. Durch den Schornstein, der gleichzeitig einen Teil der Zwischenwand zwischen zwei Schlafzimmern bildet, können mit dem Ofen drei Zimmer beheizt werden. Die Waschmaschine steht im Vorraum – wenn sie einfriert, wird drinnen von Hand Wäsche gewaschen.
Wenn man so etwas sieht und hört, wird man dankbar für das, was man zu Hause hat. Bedenken wegen steigender Energiekosten werden klein. Man könnte denken, diese Frau hat Grund zum Klagen! – Davon war nichts zu hören. Sie setzt ihr Vertrauen auf Gott. An den Wänden der Zimmer waren viele Bibelverse angebracht, die ihr Trost und Mut schenken.
Am Montag besuchten wir die Zentrale Stadtbibliothek in Chisenau. Dort wurden jeweils 10 Exemplare des Buches „Entdecke die Bibel“ in Russisch und Rumänisch für das Bibliotheksrepertoire überreicht. Die Angestellten waren sehr froh und dankbar dafür.
Nachdem wir in Bostantscha den Bethaus-Neubau besichtigt hatten, trafen wir uns abends noch mit Waleri und Christina S. aus dem Ort Strascheny. Sie sind Mitarbeiter in einem Tonstudio und dienen mit einem Youtube Kanal (Lumina Speranta) aktiv den Gläubigen im rumänischsprachigen Raum. Christina hat auch bereits an mehreren Übersetzungen von Kinderbüchern aus dem Russischen ins Rumänische mitgewirkt.
Der nächste Tag war Gagausien gewidmet. Wir machten kurze Besuche in Taraclia und Casaclia. In Casaclia ist eine kleine Gemeinde, die seit ihrer Gründung in den 90er Jahren bereits viele Unannehmlichkeiten erduldet hat. Ständig wurde das Bethaus mit Steinen beworfen. Die Fensterscheiben wurden oft eingeworfen. Das führte dazu, dass auf der linken Seite des Bethauses die Fenster zugemauert werden mussten. Aktuell wurden Risse in der Dacheindeckung entdeckt, scheinbar auch Folgen von Steinwürfen. Um Folgeschäden zu vermeiden, würden sie gerne das Dach neu eindecken, doch dazu mangelt es an finanziellen Mitteln. Viele Brüder aus Casaclia sind Imker. Angesichts der gestiegenen Energiepreise ist der Honigpreis sehr gesunken und auch der Absatz gestaltet sich sehr schwierig.
Wir fuhren weiter nach Beschgios. Dort angekommen war bereits seit 1,5 Stunden – womöglich aufgrund von Raketeneinschlägen auf Energiestationen in der Ukraine – ein totaler Stromausfall in der Stadt. Wir schalteten unsere Taschenlampen ein, aber wir waren noch nicht beim Gastgeber ins Haus eingetreten, da ging die Straßenbeleuchtung wieder an. Die Gemeinde hatte an diesem Abend eine Versammlung geplant, die jetzt unter gewohnten Umständen stattfinden konnte. Es waren bereits Vorbereitungen für eine Versammlung bei Kerzenlicht getroffen worden.
Zum Frühstück trafen wir uns mit David. Er hat mehrere Jahre in China verbracht und ist bereit, an der Übersetzung von „Entdecke die Bibel“ ins Chinesische mitzuwirken.
Anschließend fuhren wir zum Freizeitgelände, das vor wenigen Jahren gekauft wurde. Es wurde bereits sehr viel umgebaut und erneuert. Wir staunten über den großen Umfang der Umbauten. Aktuell können über 250 Personen zur Übernachtung aufgenommen werden. Es gibt einen großen Saal für die Versammlungen und auch einen großen Speisesaal, aber es ist noch viel geplant. Hier finden große Treffen der Gläubigen aus ganz Moldawien statt. Dafür sollen noch mehr Übernachtungsmöglichkeiten und auch das große Zelt weiter ausgebaut werden.
Ein Blick in einen Supermarkt in Chisenau war ernüchternd angesichts der hohen Preise für Lebensmittel. Auf Nachfrage sagte uns der Bruder, der uns begleitete, dass er dort nicht einkaufe. Möglichst im Großhandel oder in Geschäften, die teilweise zweite Wahl Lebensmittel anbieten.
In der Chisenauer Gemeinde nummer vier, die komplett Rumänisch spricht, wurden unsere Ansprachen direkt ins Rumänische übersetzt. Danach wurden wir noch zum Tee in das Untergeschoss des Bethauses eingeladen. Dort trafen wir Karolina, eine Studentin, die eine Malerin ist. Wir unterhielten uns über die Arbeit von Malern bei der Entstehung von Büchern.
Die lange Rückreise fand unter Gottes Schutz und Bewahrung reibungslos statt.
Es waren viele Eindrücke, die wir aus Moldawien mitnehmen konnten. Besonders wichtig ist es, die Geschwister in dieser schwierigen Zeit im Gebet zu unterstützen.
A. P.